Japantag
Düsseldorf, diese lustige kleine Stadt am Rhein, hat nicht nur die längste Theke der Welt, sondern auch eine der größten japanischen Gemeinden Deutschlands. Aufgrunddessen wird einmal im Jahr ein Begegnungsfest gefeiert, der Japan-Tag. Japan-Tag ist ein skurriles Aufeinandertreffen von rheinischer Gemütlichkeit und fernöstlicher Tradition. Da sitzt der Düsseldorfer Familienvater mit seiner Plasikschale voll sushi am Biergartentisch, daneben ein Altbier, während der japanische Standhelfer sich eine Grillwurst mit Senf holt. Wir dürfen Kimonos anprobieren, solange wir die japanische Standardgröße von 1,55 m nicht überschreiten (also ich nicht), und unsere Namen mit japanischen Schriftzeichen in Kalligraphie schreiben lassen. Dekorationsbegeisterte Muttis umlagern den Ikebana-Stand und ihr Nachwuchs läßt sich Origami-Pokemons falten. Ich hole mir einen Stadtplan von Tokio ab und besuche den Stand der Japanischen Buchhandlung, der leider nur sehr wenig Mangas aufweist. Trotz aller kulturellen Vermischung ist die Reaktion auf das Feuerwerk spätabends wieder typisch nicht-japanisch. Die einzelnen, z.T. kunstvoll designten, Feuerwerkskörper werden, wie die akribisch getimten Aufeinanderfolgen weniger, aber gezielt plazierter, Raketen, höflich begutachtet. Echte Begeisterung stellt sich erst ein, wenn der Himmel brennt. Dann geraten auch die hochprozentigen Dynamo-Fans in Extase, die den Aufstieg in die 2. Liga feiern, und sich anlässlich des Feuerwerks zu Finale-Gesängen anregen lassen. Und der Typ hinter mir, der seinen Junggesellenabschied feiert und dazu gezwungen wurde, in den Kneipen Lose zu verkaufen, wiederholt zum zehnten Mal: Und jetzt sach mal was, das alles für ein Ein-Euro-Los.
teildesganzen - 6. Jun, 19:16