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Freitag, 29. Juni 2007

Toc-o-tronic

Lange nichts geschrieben, nicht anlässlich Interpol, nicht
anlässlich Editors, vielleicht schaffe ich es ja zu Modest Mouse (am 3.7. Wurde
verschoben).

 

Ein paar Worte zu Tocotronic und deren seltsamen Auftritt
bei Bochum Total am 23.6. Die alten Begleiter aus den Neunzigern, die ich als
geborener Spätzünder mal wieder zu spät entdeckte, oder vielleicht haben sich
auch einfach unsere Musiklinien nicht überschnitten. Oder vielleicht war ich
auch einfach nicht cool genug für die Tocos.

 

Irgendwann ist der Funke dann übergesprungen, aber das war
schon zu KOOK-Zeiten. Diese Phase war die Wende zu mehr kryptischen Texten, zu
weniger Ironie, zu mehr Hintergrund. Das war ok. Auf Tocotronic und Pure
Vernunft darf niemals siegen ging es weiter. Einladung zum Zuhören, leicht
angestrengte Monologe, viele Assoziationen, viele Richtungen. Die Schatten- und
Verweis-Phase.

 

In dem Zusammenhang blitzt ein Muster hervor, dass die
Entwicklung deutscher Bands manchmal aufzeigt und ich frage mich, ob das ein
typisch deutsches Phänomen ist. Blumfeld ist das Paradigma, Die Sterne gehören
dazu. Bands, die sich als innovativ und abseits-mainstream empfinden, die eine
reflexive Distanz zur Musikszene und ihren eigenen Sachen hatten, die viel Wert
auf Texte legen, neigen dazu, irgendwann kryptisch zu werden. Meine Ex-Professorin
gebrauchte immer den Begriff Raunen, um das Werk eines bestimmten Philosophen
in seiner Spätphase zu charakterisieren, und ich greife das hier mal auf, um
bestimmte Bands in ihrer Spätphase zu beschreiben. Raunen besteht aus
Andeutungen, manchmal auch aus Schlagworten- oder sätzen, die demonstrativ in
den Raum gestellt werden und sich eigentlich jeder Diskussion verweigern. Lieder,
die ausdrücken: ihr könnt uns nicht mehr folgen, aber das ist Eure Schuld. Ihr
seid einfach nicht so weit…

 

Der Auftritt von Tocotronic ging ein bisschen in die
Richtung Geraune, gepaart mit leicht arroganten Ansagen und dem völlig
verfehlten Versuch, Feedbackrock zu zelebrieren.

 

OK, vielleicht sollte ich die neue CD mal hören, die eine
Chance verdient hat, schon um der alten Zeiten willen.

 

Und wenn ich sogar ein wenig Selbstironie entdecken sollte,
nur ein paar Spuren, dann bin ich schon zufrieden.  

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