Der Film bringt dieses nicht-zu-hause-fühlen-Gefühl ziemlich deutlich zum Ausdruck und darum ist es ein guter Film. Nicht nur der Aufenthalt im Hotel, der immer so ein Gefühl vermittelt, nicht nur diese fremde Stadt Tokyo, nicht nur die japanische Lebensweise, die einen unberührt läßt, vor allem Bob und Charlotte spiegeln es. Charlotte, indem sie ziellos durch die Stadt streift und beobachtet, nur passiv, nur gucken, versuchen, für irgendetwas ein Gefühl zu entwickeln, was aber nicht funktioniert. Charlotte steht irgendwo am Anfang und weiß nicht, wie sie ihr Leben nach hause bringen soll. Bob steht schon ziemlich weit hinten und merkt, daß sein Leben nicht zu hause ist, daß er ein Fremder in seiner Familie ist. Auch die Berufe der beiden korrespondieren damit: Charlotte hat Philosophie studiert und Philosophie ist paradigmatisch für immer nur suchen und niemals finden. Bob ist Schauspieler und Schauspieler spielen zu viele Rollen, so viele, daß sie nicht mehr wissen, wer sie selbst eigentlich sind. Beide laufen durch diese Bilder-Welt, die nicht viel anderes zu sein scheint, auch wenn es meist sehr ästhetische Bilder sind. Und manchmal ist dieser Schwebezustand nicht so schlimm, manchmal kann man ihn sogar abfeiern, mit dem Fremden spielen, zu dem man nicht gehört, indem man karaoke-Lieder gröhlt und Spaß dabei hat, seine eigene Fremdheit celebrieren, und mit rosa-weißer Perücke durch die Gegend laufen. Vielleicht ist das auch die beste Möglichkeit, vielleicht bleibt einem gar nicht viel anderes übrig, als sich damit zu arrangieren, daß man sich fremd ist, den Anderen und dem ganzen Leben. Vielleicht fühlt man sich für ein paar Tage nicht fremd, wenn man jemanden getroffen hat, dem es genauso geht. Und es bringt nichts, in den Flieger zu steigen, denn wo soll der einen hinbringen? Zu hause ist immer da, wo man man-selbst ist, und wenn man das gefunden hat, ist es gut.
teildesganzen - 8. Feb, 17:57
Gestern ist das tomb raider für mein n-gage gekommen und das bedeutet, daß ich jetzt nichts Substantielles mehr mache. Gestern abend habe ich schon das erse level hinter mich gebracht (allerdings ohne eines der drei Geheimnisse zu lösen, ist das ein Problem?) und als ich schlafen gegangen bin, habe ich ständig Gänge, Treppen und Simse vor mir gesehen, natürlich im typischen tomb-raider-Schwanken. Das handy-Spiel ähnelt fatal dem ersten Teil der Serie, wahrscheinlich ist es sogar der gleiche Inhalt, allerdings ist es schon ziemlich lange her, daß ich den ersten Teil gespielt habe, als PC-Version, also ist es egal. Manche Erfahrungen muß man eben zweimal machen. Momentan lädt der Akku wieder auf, weswegen ich hier Zeit totzuschlagen habe. Eigentlich könnte ich auch ein bißchen arbeiten, aber ich bin erkältet (Ausrede) und unmotiviert. Außerdem bin ich jetzt erledigt, weil ich nach der Arbeit zum Geburtstagsnachtreffen einer Freundin gefahren bin und bei solchen Gelegenheiten muß ich mich immer konzentrieren, weil die Gespräche sich dort um Dinge drehen, die sehr weit weg von mir sind. Ich komme mir tatsächlich meist so vor, als ob ich eine Rolle spiele und wahrscheinlich spiele ich diese Rolle auch nicht besonders gut. Ich würde gerne wissen, ob ich glaubwürdig bin, aber ich kann schlecht jemanden fragen. Ich bin mir auch nicht sicher, ob ich es mag, zu spielen, aber vielleicht habe ich das schon immer getan und kann gar nicht mehr anders. Da ich die (wenigen) Rollen nicht ständig wechsele, was wahrscheinlich auch gar nicht möglich ist, wenn man nicht schizo werden will, könnte man sie vielleicht auch als „mich“ bezeichnen. Darüber hinaus bin ich sowieso der Meinung, daß dieses „mich“ nicht wirklich existiert, sondern eine Art Hülle ist, die sich in der Interaktion mit Anderen und Ereignissen bildet, und einen Ich-Kern umgibt, der genetisch vordeterminiert ist, allerdings aufgrund der reaktiven Hülle auch leichten Änderungen zugänglich, wenn auch begrenzt und zeitintensiv. Hört sich nach Wolf Singer an? Oops, da will ich mich nicht festlegen. Jedenfalls fühle ich mich aufgrund dieser Vorstellung dazu legitimiert, Rollen zu spielen und vielleicht bleibt einem generell gar nichts anderes übrig, denn letztendlich ist es besser, die Hülle selbst zu konfigurieren, als eine reaktiv-gebildete Hülle aufgedrängt zu bekommen. Und Akku ist voll.
teildesganzen - 6. Feb, 20:30
Samstag abend habe ich mich mit meiner Freundin Anka auf der Geburtstagsfete eines Freundes über unsere Entwicklungsstagnation unterhalten. Wir sehen uns nicht besonders oft, weil ich weggezogen bin, aber wenn wir uns treffen folgen wir immer dem gleichen Ritual: "Na, schon verheiratet," fragt Anka und grinst und ich grinse ebenfalls und frage, "Na, schon Kinder?" Dieses Grinsen heißt nichts anderes, als das wir irgendwie mit unserer Situation sehr zufrieden sind, was aber wohlmöglich auf so etwas wie Unkenntnis beruht, wie wir uns gegenseitig versichern, weil wir ja auch nicht intolerant erscheinen möchten. Tatsache ist, daß die meisten unserer Freunde/innen mittlerweile verheiratet sind und/oder Kinder haben und/oder ein Haus besitzen. Das mit dem Haus finde ich immer am unglaublichsten. "Vielleicht wären wir schon längst verheiratet, wenn unsere Freunde uns mal gefragt hätten," meint Anka und das ist zumindest nicht vollkommen undenkbar. Dann überlegen wir, wie immer, warum wir diesen Sonderweg eingeschlagen haben. "Mangelndes Verantwortungsbewusstsein," sagen wir simultan. "Faulheit" sage ich, zumindest was das Ausrichten des-schönsten-Tages-im-Leben-einer-Frau angeht. "Bindungsangst" feiern wir uns, in dem Zuckerwatten-Bewußtsein, daß unsere Freunde bisher noch keine Anzeichen von Trennungswünschen erkennen lassen. "Wir wollen nicht erwachsen werden," meint Anka, aber was soll das eigentlich bedeuten? Wir haben einen Job, eine Wohnung, einen Lebensgefährten. Ist das nicht erwachsen genug? Muß man sich selbst kasteien, nur weil man keine anderen Probleme hat, als eine funktionierende Datensynchronisation zwischen palm und handy? Aber darum geht es wahrscheinlich gar nicht. Stattdessen geht es darum, daß wir uns ganz gerne in einer Art Sonderstatus fühlen und es Spaß macht, die kleinen Unterschiede mal so nebenbei heraushängen zu lassen. Man muß sich dann allerdings mit Fragen konfrontieren lassen wie: "... und, soll das immer so weitergehen? Füllt euch dieses Leben auch in ein paar Jahren noch aus?" Ernsthaft, woher soll ich das wissen? (Vielleicht tut es das ja). "Wer soll sich um euch kümmern, wenn ihr alt seid?" Pflegeheim? Kommen auch diejenigen rein, die Kinder haben, weil die meist ganz andere Probleme haben, als den Keller für die Schwiegermutter auszubauen. Baut auch kaum einer mehr mit Keller, heute. "Wie werdet ihr Weihnachten verbringen, wenn andere mit ihren Enkeln feiern?" Alles schon gehört. Aber lassen diese Fragen nicht eigentlich Verantwortungslosigkeit durchscheinen? Soll man Kinder bekommen, um im Alter nicht allein zu sein und eine billige Pflegekraft zu haben? Ist es o.k., seinem Leben dadurch Bedeutung zu geben, indem man diese Aufgabe auf einen Nachfolger abschiebt? Abgesehen davon, daß man seinem Leben keine Bedeutung geben muß, aber das ist mein Standartspruch, den auch keiner mehr hören will :-).
teildesganzen - 4. Feb, 15:57
Ein Wort zu Frauenzeitschriften - überflüssig, blöde, oder noch etwas Schlimmeres? Aber warum zum Geier fällt es einem so schwer, diese Teile einfach zu ignorieren, stattdessen bleibt der Blick immer an dem Fettgedruckten im unteren Teil kleben, mit Brüllern wie "die heißesten Frühjahrstrends", "wer sind Sie wirklich - der große Persönlichkeitstest", "Männer und ihre Geheimnisse", und nicht zuletzt und immer wieder ein Reißer: "Bikinifigur - jetzt 20 Kilo abnehmen". Himmel, ich brauch das alles nicht. Aber ich kaufe sie trotzdem. Wahrscheinlich heißt das in der Alltagspsychologie Frustkaufen, oder es ist ein neurobiologisches Symptom und Zeichen dafür, daß das Hirn so langsam läuft, daß man nur noch Bilder gucken und schwachsinnige Texte lesen will. Ok, eine Einschränkung muß ich machen: das Editorial ist wahrscheinlich total spannend, aber das lese ich nie. Die ersten Seiten danach kann man sowieso vergessen, da kommen lauter Dreizeiler über events, von-irgendwo-Aufgeschnapptes und Leute, die nicht so wichtig sind, daß man ihnen einen ganzen Artikel widmen muß. Wenn man Glück hat, schließen dann schon die Mode-Fotos an, wenn man Pech hat, folgt erst noch die Kolumne. Ich hasse Kolumnen. Leute, die mit einem sophistischen Lächeln auf den alltäglichen Wahnsinn aufmerksam machen, mit ausgelutschten Bonmots und sympathischem Rumgekicher - was zum Henker wollen die mir eigenlich übermitteln? Daß es süß ist, ein trotteliger looser zu sein? Dann, gut, die must-have-Klamotten-Seiten, die ich mag, weil da nicht so viel Platz für Text ist und die Fotos meist so stylish-überfrachtet sind, daß man nicht mal ansatzweise das Kleidungsstück erkennen kann, das präsentiert werden soll. Das hat etwas, muß man neidlos anerkennen. Die Kosmetik-Sektion ist Pflicht für Leute, die sich ständig die falsche Lippenstiftfarbe kaufen, also für mich, aber wer braucht Uralt-Tips für die empfindliche Gesichtshaut, die 1992 aus irgendeiner Apothekerzeitung abgeschrieben wurden? Die Rezepte kann ich mir knicken, weil die Zubereitungszeit meist eine Viertelstunde überschreitet, was für mich schon nicht mehr tragbar ist. Hochinteressant ist schließlich wieder der Ausblick auf die nächste Ausgabe. Habe ich irgendwas vergessen? Aber ich bin selbst schuld. Angebot und Nachfrage und ich frage nach. Und ganz ehrlich, ich würde den Mist auch vermissen. So ist das nun mal.
teildesganzen - 29. Jan, 13:05
Wenn Zeit wirklich nur ein Konstrukt unseres Gehirns ist, daß quasi eine Ordnungsfunktion ausübt, warum kann man dann nicht durch die Zeit reisen? Gut, durch ein Konstrukt kann man nicht reisen, aber vielleicht kann man sich von dem Gedanken an Zeit freimachen, weil man es als Konstruktion erkennt, und dann rückgängig machen, was man gestern verbockt hat, wobei das Wort „gestern“ dann schon wieder ein Rückfall in alte Gewohnheiten ist, die man ja eigentlich ablegen wollte. Ist die Irreversibilität der Zeit also nur eine Frage, ob man die rote oder die blaue Pille wählt, oder ist sie keine Frage sondern eine Tatsache? Mangelnde Willenskraft oder amor fati? Allerdings mal ganz pragmatisch gedacht – was soll man auch eigentlich in der Vergangenheit wollen? Ist es ein Vorteil, sich immer wieder korrigieren zu können, wobei das Ganze in Bezug auf Perfektionisten ziemlich ausarten kann? Die Kollegen bei der ChronoGuard in Jasper Fforde´s Bücher scheinen keinen großen Spaß an ihrem Beruf zu haben, wobei ich die Nebenwirkungen, die der Beruf so mit sich bringt, z.B. das Jünger-werden oder gleichalt-bleiben, nicht so ganz nachvollziehen kann. Denn wie man Zeit auch immer interpretieren mag, eine Art von Irreversibilität gibt es schon, und das ist das Wachstum der Zellen, aus denen der menschliche Körper aufgebaut sind und dieses Wachstum ist ein endliches, sie sterben ab.
Aber davon mal ganz abgesehen, gibt es noch eine Eigenart in den Fforde-Büchern, und zwar ist nicht nur die Grenze zwischen Vergangenheit und Gegenwart (und Zukunft!), sondern auch die Grenze zwischen Realität und Fiktion durchlässig. Das bring mich auf die abschließende und weitaus wichtigere Frage, in welches Buch ich am liebsten eindringen möchte – und ich habe mich gerade gegen den Herrn der Ringe entschieden, weil der wahrscheinlich touristisch so überlaufen wäre, daß man keinen einzigen Hobbit mehr trifft, sondern nur noch Typen aus Castrop-Rauxel oder dem Sauerlandkreis. Vielleicht wäre es auch sehr viel interessanter, ein etwas abstrakteres Werk zu wählen, vielleicht etwas Mathematisches? Wie sehen Zahlen wirklich aus? ...... Ok, vielleicht sollte ich doch lieber schlafen gehen.
teildesganzen - 27. Jan, 21:03