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Case Histories von Kate Atkinson

case-histories

Die Stärke von Kate Atkinson liegt in der Konzeption von Charakteren und darin, dass sie Geschichten erzählen kann. Case Histories erzählt die Geschichten von unterschiedlichen Personen, die sich treffen, in Verbindung treten, wieder auseinandergehen oder auch zusammenbleiben. Die Welt von Case Histories ist ein Kaleidoskop von Perspektiven und Ereignissen, und das macht das Buch so besonders.

Case Histories beginnt mit drei Szenarien aus der Vergangenheit: ein kleines Mädchen verschwindet, eine junge Frau wird von einem Unbekannten getötet, eine junge Mutter erschlägt ihren Mann. Diese drei Ereignisse geschehen zu unterschiedlichen Zeiten in der Vergangenheit und haben offensichtlich nichts gemeinsam (was den Leser nicht davon abhält, eine Verbindung zu konstruieren). Ihre Verbindung geschieht in dem Moment, in dem Jackson Brodie, Ex-Polizist und aktive Privatdetektiv, damit beauftragt wird, bestimmte Sachverhalte dieser Ereignisse zu klären. Jackson Brodie ist kein gewöhnlicher Privatdetektiv. Leicht fatalistisch, stark pessimistisch und ein ausgewachsener Hypochonder, zeigt er weder den Ehrgeiz, die Fälle zu klären (er geht eher von Anfang an davon aus, dass er sie nicht klären wird), noch fällt er durch besonderes Engagement auf. Die Hinweise auf ein mögliches Weiterkommen erhält er meist zufällig und dadurch, dass er abseitige Pfade wählt. Stattdessen macht er sich Gedanken um seine Klienten, die entweder offensichtlich ein Problem mit sich und anderen haben, oder bei denen sich ein solches später herausstellt. Brodie ist ein Beobachter, der ahnt, dass die Motive, einen Privatdetektiv zu beauftragen, meist einen psychologischen Hintergrund haben, und dass die wirklichen Hoffnungen sich letztlich nicht erfüllen. Das Wunderbare an diesem Roman ist aber, dass sie sich schließlich doch erfüllen und der Leser fragt sich, ob das alles nur deshalb passiert, weil die Protagonisten einmal in ihrem Leben eine Entscheidung getroffen haben, und sei es nur die, Jackson Brodie zu beauftragen. Und der Rest erledigt sich wie von selbst.

Ein Schriftsteller kreiert gewöhnlich Charaktere mit einer Vergangenheit und einer Welt, die um ihn herumkonstruiert ist. Die meisten Romane sind charakterzentriert (das ist sicher kein genormter Begriff der Literaturwissenschaften, aber ich bin ja auch Litwi J ). Atkinson kreiert gleich mehrere Zentren, die gleichwertig nebeneinander stehen, und jeweils ihre Vergangenheit und ihre Welt mit sich herumtragen. Zwischen diesen kleinen, monadenhaften Welten schafft sie Relationen. Alles ist irgendwie miteinander verbunden, aber alles ist gleichzeitig kontingent. Das Szenario, das Atkinson erdenkt, erinnert an eine Clusterdarstellung, einfache Begriffe in Kreisen, die durch Striche verbunden werden, kein Zentrum haben und keine echte Struktur.

Statt eines Zentrums gibt es Jackson Brodie, der ebenso ein Cluster-Teil mit eigener Geschichte ist (und schließlich eine vierte Case History verbirgt), und weder hinter den anderen Cluster-Teilen zurücksteht, noch irgendwie hervorgehoben ist. Trotzdem ist er etwas Besonderes, denn durch ihn entsteht ein Teil dieser Verbindungen (wenn auch nicht alle). Jackson Brodie ist das Medium, durch das Andere in eine Verbindung treten, die sonst nicht zustande gekommen wäre. Er ist das Moment, das Aktivität und Intention der anderen Teilnehmer in Aktinsons Roman erfordert und bündelt. Das andere Moment ist der Zufall.

Die Geschichten der Protagonisten sind meist traurig, manchmal erschreckend, oft deprimierend. Aber Atkinson schlägt einen leichten, lakonischen Ton an, mit dem sich auch das übelste Schicksal irgendwie erträglich anhört. Die Leute kämpfen sich durch, aber sie sind keine Helden, und sie kriechen nicht ohne Blessuren aus ihren dunklen Vergangenheiten hervor. Sie haben sich zu Loosern entwickelt, die am Sinn ihres Lebens zweifeln, unzufrieden sind und irgendwie auch schon aufgegeben haben. Atkinson beschreibt diese Persönlichkeiten, die beim Leser immer abwechselnd Mitleid und Kopfschütteln hervorrufen, ohne Pathos und in einer Art liebevollen Realismus. Sie bringt letztlich den Leser dazu, diese Leute zu verstehen, und schafft das mit einer leisen, unaufdringlich emphatischen Psychologie ohne Fachbegriffe. Der zurückbleibende Eindruck ist so etwas wie die Akzeptanz, dass das Leben nun mal so ist, und es keinen Sinn macht, über verschüttete Milch zu weinen – oder die vergossene Milch besonders zu dramatisieren. Aber man soll sich auch nicht hängen lassen, denn manchmal wird auch der allerkleinste Schritt aus dem eigenen Mauseloch belohnt. Und das ist doch eigentlich eine gute Botschaft.
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