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Samstag, 11. März 2006

Bret Easton Ellis

am 10. März auf der lit-cologne. Als wir das Theater am Tanzbrunnen betreten, schenkt eine Kamera auf unseren Hintermann und der zum Kameramann gehörende Journalist stellt die obligatorische Frage: Warum hast du dir aus dem Angebot der lit cologne gerade diese Veranstaltung ausgesucht. Glück gehabt, ansonsten hätte man mit dem üblichen Verweis auf American Psycho versuchen können, sich glimpflich aus der Affäre ziehen zu können. Lunar Park hat bisher keiner von uns gelesen, was tatsächlich die Frage aufwirft, warum man sich Karten für eine Lesung von und mit Bret Easton Ellis kauft, bevor man über den Sinn von Lesungen überhaupt nachdenkt, was man nicht tun sollte. Tatsächlich ist es seltsam, sich Passagen aus einem Buch vorlesen zu lassen, das nur als Ganzes Sinn macht. Aber abgesehen davon, dass es sich um Werbeveranstaltungen handelt, die als Appetitanreger wirken sollen und dem geneigten Leser ein Autogramm seines Autoren verheißen, wenn man dazu bereit ist, sich in einer Schlange von mehreren Metern anzustellen, ist man natürlich auch als Leser Voyeur. Dieses Genre, dass im allgemeinen wenig visuelle Freuden bietet (abgesehen von Büchern mit Bildern, was aber nichts für den puristischen Leser ist), hat auch seine Stars und Sternchen und obwohl gerade Autoren das Glück haben, nicht unbedingt gut aussehen zu müssen, um Erfolg zu haben, möchte man doch auch als Leser wissen, wie derjenige tatsächlich „ist“, mit dessen literarischen Produkten man eine mehr oder weniger bedeutende Anzahl von mehr oder weniger glücklichen Stunden seines Lebens zugebracht hat.

Bret Easton Ellis ist ein sympathischer Selbstdarsteller. Er hat Humor, er locker und er genießt es, im Zentrum des allgemeinen Interesses zu stehen, wenn auch nicht im Rampenlicht, wenn man das irritierende Zukneifen seiner Augen als Geblendetsein von Blitzlicht und Scheinwerfern interpretieren darf. Ellis erklärt, dass er mit dem neuen Roman seine Version eines Stephen-King-Thrillers schreiben wollte, das er die Idee für den Roman schon seit langem hat, dass er nicht viele Ideen für Romane hat, und wenn er eine hat, dann verwirklicht er sie, dass er ein Sequel seines ersten Romans „Unter Null“ schreiben wird, obwohl er Sequels nicht mag, dass sein Vater Alkoholiker war und er versucht, ihm zu verzeihen. Der Besucher stellt sich die Frage, warum Ellis schreibt und die erste Antwort darauf ist, er schreibt für sich selbst, weil es ihm Spaß macht, weil es ihn therapiert. Aber was ist mit American Psycho? Ellis erklärt in Lunar Park halbautobiographisch, dass American Psycho sich selbst geschrieben hat, dass es ihm schwergefallen ist, und auch im Interview erzählt er, dass es schwierig war, das Buch zu schreiben. Man kann nicht anders als es ihm glauben, weil es auch als Leser schwierig ist, es zu lesen. Man hat es als pointierte Darstellung des Zeitgeistes interpretiert und da ist etwas wahres dran, und das macht Ellis zu mehr als einem literarischen Exhibitionisten, das macht ihn zu einem der Autoren, die schreiben um der Gesellschaft, in der sie leben, einen Spiegel vorzuhalten, zu einem der Autoren, die für andere schreiben und nicht nur für sich selbst. American Psycho ist der Stern in der Bibliographie von Ellis und Ellis greift diesen Stern nun wieder auf, aber er einverleibt ihn mit Lunar Park nun in sein eigenes Universum, holt es aus der Öffentlichkeit zurück in die Privatheit.

Letztlich ist das nichts Negatives, auch der Rückgriff auf „Unter Null“ hat einen gewissen Charme, und sowohl Lunar Park als auch das angekündigte Sequel sind ein Statement von Ellis, eine Art Selbstoffenbarung: ich klaue bei mir selbst, aber nicht unbedingt, weil mir nichts Neues mehr einfällt (wie man es natürlich auch charakterisieren könnte) sondern weil es mir Spaß macht, dieses Universum, das ich mit meinen Figuren bevölkere, zu leben, zu drehen und weiterzuentwickeln. Das Bild der Monade drängt sich auf, facettenreich aber ohne Fenster.

Dublin

von Dienstag bis Donnerstag, Flug mit Germanwings von Köln, Aufenthalt in dem Guesthouse „Abbotlodge“ auf der Lower Gardiner Street. Dublin ist eine krude Mischung aus Tradition, Eleganz und einer eigenen Art von Modernität. Dublin unterscheidet sich von anderen Hauptstädten z.B. dadurch, dass die Ketten hier andere Namen tragen als überall dort, wo sich die Starbucks, McDonalds und BurgerKings im Kilometertakt ablösen. Statt Subways gibt es Quiznos, statt Starbucks gibt es diverse andere Kaffee-to-go-Ketten, und auch die Pizza-Hut-Dichte ist nicht besonders hoch. Sicher gibt es MCD und BK, aber daneben auch andere Burgerläden, die anscheinend auf die Insel beschränkt sind. Auch was Klamottenläden angeht, überrascht die Tatsache, dass es anscheinend nur einen H&M gibt, dafür aber gleich mehrmals die Ketten Top Shop, River Island und Penneys. Man orientiert sich eher an England als am Kontinent, was vielleicht überraschend ist, weil man es als Ire vermutlich nicht so mit den Engländern hat und weil Irland zweitens zur EU gehört. Vielleicht kann man es aber auch als Wunsch interpretieren, konsumbezüglich eigenständig zu bleiben.

Dublin-OConnellstreet

Was auch auffällt, ist die Identifikation mit der literarischen Tradition, die aus Dublin so etwas wie eine literarische Hauptstadt macht. Vielleicht erfährt man das nur als Tourist so extrem, aber der Eindruck bleibt dennoch, dass die Dubliner oder gar alle Iren lesefreudig und literaturfreundlich sind. Das gibt dieser Stadt Sympathiepunkte und lenkt ein wenig den Blick davon ab, dass es sich anscheinend auch um die stag-and-hen-Hauptstadt handelt, wie jedenfalls der Reiseführer titulierte, also um die Hauptstadt der Junggesellen/innen-Abschiedsfeiern. Die Temple Bar wird in diesem Zusammenhang als das diesbezügliche Zentrum genannt, wovon wir allerdings nicht besonders viel mitbekommen haben, weil wir in alter Städetourtradition regelmäßig nach dem Abendessen ins Bett fallen. Was in diesem Fall dadurch erschwert wurde, dass unser Zimmer im erwähnten Guesthouse ganz oben lag und wir mehrere sehr enge und steile Stufen erklimmen mussten, was nach dem Konsum des hiesigen Ale oder Stout vermutlich eine gewisse Herausforderung dargestellt hätte.

Dublin ist nicht besonders groß, und dass macht die Stadt irgendwie gemütlich, obwohl es sich um eine Millionenstadt und Hauptstadt handelt. Der Ausdruck „provinziell“ hat ein negatives Ambiente, stattdessen könnte man eher sagen, dass Dublin sich einen ländlichen Charme bewahrt hat, in den auch die georgianischen Fassaden integriert werden können oder der gepflegte St.-Stephens-Green. Die georgianische Bauweise, die anderswo kühl und arrogant wirkt, wird so aufgelockert durch die berühmten bunten Türen, als wenn man ein Statement abgeben möchte: wir können, wenn wir wollen, aber wir wollen nicht.

Dublin-Naehe-Christchurch

Was man aber will, ist zur wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Elite zu zählen, wovon zum einen das Trinity-College zeugt, zum anderen die wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahrzehnte, die aus Irland eine Art europäisches Silicon-Valley gemacht hat.

Was gibt es noch zu berichten? Es hat fast immer geregnet, man kann die Iren nur sehr schwer verstehen, alles ist etwas teurer als in Deutschland, es fahren überdurchschnittlich viele Busse, die die Straßen verstopfen, die aber auch ohne Busse verstopft wären, und generell ist es überall ziemlich crowded. That´s it.

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