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Montag, 10. April 2006

The Untouchable

von John Banville: kurz vor seinen Krebstot rekapituliert Victor Maskell sein Leben. Dieses Leben ist eine Lüge, von hinten bis vorn, von Anfang bis Ende, bis in die letzten Seiten wird jedes Detail als Fälschung entlarvt. Und es ist die Kunst dieses Autors, der durch die Zeilen dieses Erinnerungs-Tagebuchs hindurch die Seele von John Maskell durchscheinen lässt, indem er es dem Leser überlässt, sich anhand von Formulierungen und literarischen Kniffen eine Vorstellung von Maskell zu bilden, das über das Selbstbild hinausgeht, das jener von sich hat und augenscheinlich transportieren möchte.

Maskell, Ire, studiert in London Kunstgeschichte, gerät in Cambridge in linke Zirkel, lässt sich von den Sowjets als Spion anwerben, arbeitet im Krieg für den britischen Secret Service, wird Picture-Keeper der britischen Königin, macht Karriere als Kunsthistoriker und wird schließlich im hohen Alter der Öffentlichkeit als Spion preisgegeben. Hier beginnt das Buch, oder Maskells Tagebuch. Was folgt ist die arrogante, amüsante und sarkastische Schilderung der hysterischen Vorkriegs-Jahre in London, eine Mischung aus Champagner, Sex, Kunst, Philosophie und dem selbstbewussten Gefühl, direkt in das Weltgeschehen eingreifen und es beeinflussen zu können. Hier zeigt sich der erste Widerspruch: Maskell distanziert sich von denjenigen, die nach Spanien gehen, um dort im Bürgerkrieg zu kämpfen, und zieht es vor, als Spion gegen den Faschismus tätig zu werden, und gegen den Faschismus bedeutete in seinen Augen für die Russische Revolution. Weit davon entfernt, sich mit dem Marxismus oder den Ansprüchen des Sozialismus oder sogar der Demokratie generell zu identifizieren, ist es für ihn eine Möglichkeit, sich eine Illusion von Bedeutung zu schaffen. Der nächste Widerspruch: er ist beeindruckt von Nick Beevort und heiratet aber seine Schwester. Diese Widersprüche werden nicht aufgelöst, sondern parallel weitergeführt in der Form von Doppelleben: als Doppelspion und als Homosexueller. Die ironische Selbstbeschreibung schafft eine Art von Distanz zu seinem Leben, täuscht Souveränität und Gelassenheit vor, aber bald schleichen sich kurze Sätze und Schilderungen ein, die deutlich machen, wie sehr Maskell diese Doppelleben verstört haben. Zum Ende hin wird die Verzweiflung offener, die Ironie verschwindet zugunsten von hilfloser und allzu offener Selbsttäuschung. Maskell war nie Herr seiner Leben sondern erfährt am Ende, dass er Spielball war, dass Nick Breevort, den er immer geliebt hat, dieses Leben geformt und schließlich zerstört hat. Selbst sein Lieblingsbild, „Tod des Seneca“ von Poussin, dass für Maskell das Stetige und Tiefe in seinem Leben repräsentierte, stellt sich am Ende als Fälschung heraus.

Für den Leser bleibt am Ende die Unsicherheit, was denn im Leben tatsächlich zählt. Was ist Echt und was bloße Fälschung, und ist dieser Unterschied tatsächlich wichtig? Und es bleibt die Frage, wie groß die eigene Selbsttäuschung ist. Diese Frage betrifft vor allem uns, die wir in nietzeanischer Selbstüberschätzung etwas Besonderes sein wollen, anders als die Anderen, besser in einem nicht-graduellen Sinn. Und die gleichzeitig immer an den eigenen Ansprüchen scheitern. Mit dem einen Auge sehen wir, dass wir Versager sind und mit dem anderen Auge schielen wir an die goldene Spitze. Wir leben auch dieses Doppelleben aus Traum und Realität. Grundsätzlich denke ich, dass es nicht falsch ist, überhohe Ziele zu haben, ehrgeizig zu sein, Träume zu haben. Aber gleichzeitig sollte man sich nicht dafür entschuldigen müssen, wenn man diese Ziele nicht erreicht. Vor allem nicht vor sich selbst, denn das ist der Grund für Selbsttäuschung: das Gefühl, versagt zu haben. Letztlich versagt man nicht, sondern man erreicht ein Ziel nicht. Dennoch ist es immer noch besser, zu versuchen etwas in seinem Leben zu erreichen, als sofort zu kapitulieren. Wir müssen viel pragmatischer und sehr viel weniger theatralisch werden.

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