dafür habe ich im letzten Jahr drei Heulkrämpfe gehabt, fast meinen Freund verloren, bin total vereinsamt und habe mir Ticks angewöhnt, die ich wahrscheinlich nie wieder loswerde. Die verdammte Magisterarbeit.

Ich weiss auch gar nicht, wie ich mich fühle, wenn ich sie jetzt wegschicke. Auf keinen Fall erleichtert und auch nicht wirklich stolz, weil ich irgendwie kein gutes Gefühl habe. Zu lang, zu unausgegoren, zu wenig auf den Punkt. Zu wenig Antworten und noch weniger eine gute Frage. Zu wenig Literatur. Vor allem habe ich echt Angst, dass ich mit meinen Korrekturen das Ganze nur noch schlimmer gemacht habe.
Aber das Motto ist: nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Oder: der Weg ist das Ziel. Oder was auch immer.
teildesganzen - 29. Mai, 18:50
Das Konzert wurde ins Gebäude 9 verlegt, was vermutlich durch den Kartenverkauf bedingt war. Gebäude 9 war jedoch einigermaßen gefüllt, und die Leute, die gekommen sind, durften an einem sehr unterhaltsamen Abend teilnehmen. Die Vorband, Katie Hoff (?), stellte sich als Unterhaltungskünstlerin mit Begleitung heraus, die z.T. recht schräge Texte mit Bossa-Nova und Swing gaben, aber auch nicht vor ungarischen Volksmusikrythmen zurückschreckten. Das war seltsamerweise richtig gut, und der Applaus war nicht nur reine Höflichkeit. Coralie Clement selbst wirkt auf der Bühne viel jünger, als es beim Hören der CD´s scheint, sie ist eine Ecke lockerer geworden, als bei ihrem Auftritt im Stadtgarten letztes Jahr, und vielleicht kann sie sogar etwas besser singen. Die Band wirkt insgesamt recht relaxed, sie machen Scherze und wirken wie ein gutes Team. Gespielt wird hauptsächlich die neue CD, aber auch Stücke von Salle de pas perdues, außerdem wieder das Biolay Cover, Billy-Bob a raison, dass auch schon letztes Jahr geboten wurde, nur diesmal etwas angerockter. Überhaupt ist die Zeit der Akkustikgitarren eingeschränkt, und die Zeit für den Barhocker auch, die Musik ist anders und CC auch irgendwie, und vielleicht gefällt ihr die neue Richtung besser. Die Chemie stimmt auch zwischen CC und Publikum, und als Zugabe schafft sie es sogar, mit Hilfe eines schnell rekrutierten Übersetzers aus dem Publikum, die Leute zum Singen zu bekommen. Am Ende hat man das Gefühl, auf einer netten Privatparty gewesen zu sein, und die CD bin ich tatsächlich immer noch nicht leid.
teildesganzen - 25. Mai, 13:51
Jetzt komme ich doch noch dazu, über die Veranstaltung letzte Woche Mittwoch zu berichten, als Robert Brandom einen Vortrag an der Essener Uni gehalten hat. Der Raum war viel zu klein, und ich war viel zu spät, so dass ich nur noch einen Platz auf der Treppe bekommen habe, was auch irgendwie interessant war, ich musste noch nie in einem Hörsaal wegen Überfüllung auf der Treppe sitzen. Aber gut, der Hörsaal war wirklich klein. Ist Robert Brandom außerhalb der Philosophie bekannt? Keine Ahnung, aber er ist mit Sicherheit einer der aktuellen Philosophen, die wichtig sind, in dem Sinne, dass sie diskussionswürdig und –notwendig sind. Interessant und (meist) angenehm in der Philosphie ist die Tatsache, dass es keine Helden gibt. Jemand, der sich profilliert, wird kein Gegenstand der Bewunderung – sondern ein würdiger Gegner. Demgemäß wurden auch in der Diskussion eher kritische Rückfragen gestellt, die Brandom locker und souverän beantwortete. Er wirkt unaufdringlich, seine Stimme ist eher leise als laut, aber gut verständlich. Er zeigt sich zurückhaltend und höflich, humorvoll, aber meist ernst. Der Vortrag war über Kant, Kantian Lessons, der Versuch einer Interpretation der Merkmale Kants Philosohie, die Brandom für entscheidend hält, und für aktuell. Die Vorlesung ist ganz in der Richtung, die Brandom mit dem Buch Tales of a mighty dead einschlägt, eine Rückbesinnung auf die Tradition, auf die er aufbaut, und die auch Kant und Hegel einschließt. So wird es demnächst ein Hegel-Buch von Brandom geben, und wenn das nur halb so gut ist, wie das von Charles Taylor, dann ist das doch ein Gewinn für die Community.
teildesganzen - 25. Mai, 13:45
der Prime Club ist voll, als I am Kloot auf die Bühne kommen und mit den Worten beginnen: this song is about fucking – and desaster. Eine gute Umschreibung für all ihre songs, in denen es oft um Beziehungen geht, und genauso oft um die Tatsache, dass das Leben tendenziell scheiße ist, aber man es mit einer gewissen Portion Fatalismus und Ironie überstehen kann. I am Kloot bewegen sich zwischen unterschiedlichen Stilen, aber der melancholische Grundton bleibt, zusammen mit einer Art Realismus, der auch durch die lyrischen Texte durchscheint.
Irgendwie dachte ich immer, I am Kloot kommen aus Belgien, nicht nur wegen des Namens J, sondern vor allem auch, weil sie an Deus erinnern, was diese Stimmung angeht. Ein oder zwei Leute sind mit „Grand Hotel Van Cleef“ T´s aufgetaucht, oder mit Kettkar-Logos, passt auch irgendwie. I am Kloot gehören mit zu diesen Bands, die das Lebensgefühl der Ende20-Mitte30-Jährigen formulieren, diese seltsame Generation, die keine echte Tradition hat, die sie aufgreifen kann, die wenig Ziele hat und nicht an Sinn glaubt, was sie nicht davon abhält, oft darüber nachzudenken. Die realistisch sind, und das irgendwie schade finden.
teildesganzen - 25. Mai, 13:24
Liebes Teildesganzen,
du interessierst dich für deine älteren Beiträge? Du hast Langweile und fragst dich, wie es dir letztes Jahr oder so ergangen ist? Ich erzähl es dir, falls du es vergessen haben solltest: ich leide. Ich habe Magenschmerzen, Herzrasen und Träume von Daniel Dennett (warum auch immer). Die MagA ist immer noch nicht weg, weil ich immer noch daran herumbastele. Ich befürchte allerdings, dass ich mittlerweile keine Verbesserungen mehr vornehme, sondern eher vormals evt. logische Satzfolgen nun wieder auseinanderreisse. Echt, ich habe so etwas befürchtet.
Was machst du gerade? Schreibst du vielleicht eine Doktorarbeit? Dann mache bitte nicht die gleichen Fehler immer wieder!!! Ich kann dir allerdings auch nicht wirklich definieren, was das für Fehler sind. Wie kann man Fehler vermeiden, die man nicht durchblickt hat? Himmel, werde ich denn für immer und ewig ein so chaotischer Schreiber bleiben?
teildesganzen - 8. Mai, 19:09
Gestern hatte ich so etwas wie eine Eingebung, was meine Bestimmung angeht. Ich muss klarstellen, dass ich eigentlich nicht an so etwas wie Schicksal oder Bestimmung glaube, oder geglaubt habe, aber während Schicksal im Sinne von Vorbestimmtheit immer noch unakzeptabel ist, scheint Bestimmung gar nicht mehr so weit weg zu sein.
Gestern war so ein typischer Sonntagabend, der auf einen wartet, nachdem man den ganzen Tag bei der Familie oder bei Freunden verbracht hat, man kommt nach hause, die Jalousien sind heruntergezogen, um die Sonne und vor allem die Wärme draußen zu halten, man hat den ganzen Tag gegessen und sich unterhalten und ist jetzt müde, aber zum Fernsehen ist es noch zu früh, und die Sonntagsspiele der Bundesliga interessieren mich auch nicht so brennend. Also sucht man sich eine Arbeit, die man noch eben schnell machen kann, damit man sie für die nächste Woche erledigt hat. Außerdem ist es immer ein gutes Gefühl, nach stundenlangem Herumlungern noch etwas nützliches zu tun. Ich stehe also am Bügelbrett und bügele ein paar von meinen Blusen, und oft wenn ich bügele oder das Bad putze, überlege ich, ob Nietzsche wohl jemals das Bad geputzt hat, oder Kant. Tatsächlich glaube ich das nicht, obwohl ich es mir bei den aktuelleren Philosophen doch denken kann, also ich kann mir Brandom durchaus vor dem Bügelbrett vorstellen, vielleicht sogar Searle.
Ich bügele also und plötzlich wird mir klar, dass es eigentlich meine Bestimmung ist, Schriftstellerin zu werden. Tatsächlich kann ich eigentlich gar nicht anders, als Schriftstellerin werden. Das Problem ist nur, dass ich kein übermäßiges Talent zum schreiben habe, aber die Bestimmung zu etwas zu haben, heisst ja auch nicht, dass man es können muss. Tatsächlich ist es sogar überaus wahrscheinlich, dass ich niemals Schriftstellerin werde, trotz dieser Bestimmung. Was nicht schlimm ist, weil man eine Bestimmung nicht unbedingt erfüllen muss. Finde ich jedenfalls. Bestimmung bedeutet eigentlich nur, dass man zu etwas prädestiniert ist, von seinen Gewohnheiten her, von seinen Vorlieben, seinem ganzen Charaker her. Diese Prädestination ist so etwas wie ein Form, in die das Leben hineingedrückt wird und die gewisse Entscheidungen beeinflusst. Prädestination bedeutet nicht, dass man sie verwirklichen muss – oder kann. Bestimmung und Talent sind völlig verschiedene Sachen. Aber wer weiß? Interessant ist nur, wie deutlich mir das plötzlich vor Augen stand, wie unwidersprochen von mir selbst, wie selbstverständlich und doch irgendwie überraschend. Tage gibt’s.
teildesganzen - 2. Mai, 11:22
heisst, dass man zu wenig Zeit hat, darüber nachzudenken. Die Realität hat mit voll in ihren Klauen, ich weiss aber trotzdem nicht so richtig, was ich im Moment bloggen soll.
Mein Denken ist zudem sehr eingeengt in Richtung MagA, die MagA ist wie ein Trichter, oder besser ein Sieb, dass alles andere Interessante außen vor lässt. Man mag sich jetzt verwundert fragen, ob es überhaupt etwas Interessanteres gibt als Sprachphilosophie - ok, das ist ein Scherz. Manchmal stehe ich quasi vor mir und überlege, wie ich überhaupt zu diesem ganzen Mist gekommen bin, wie ich auf dieses Thema gekommen bin, zu diesem Buch. Prinzipiell passiert es schon mal, dass ich plötzlich für einen Moment wach werde, mir meiner Umwelt bewusst werde, und mich frage, wie das überhaupt alles so gekommen ist. Wie ich hierher gekommen bin. In diese Stadt, in diese Wohnung. Manchmal sehe ich meinen Freund an, als sehe ich ihn zum ersten Mal.
Aber das Thema für die MagA, das ist so unabsichtlich, dass es schon gar kein Zufall mehr sein kann. Aber Schicksal ist es auch nicht, weil es das nicht gibt. Also ist es kurz gesagt meine eigene Schuld.
teildesganzen - 26. Apr, 21:05